Alexa, was taugst du?

Der Sprachassistent des Amazon Echo im Alltag

Ein Lautsprecher wird zu einem Überraschungserfolg
Als Amazon einen Lautsprecher mit integriertem Sprachassistenten auf den Markt brachte, fragte sich so manch einer: Was soll das nun wieder? Doch der Echo genannte smarte Lautsprecher wurde zu einem grossen Erfolg – so sehr, dass die grossen Konkurrenten wetteifernden, um möglichst auch ein Stück des Kuchens abzubekommen. Mittlerweile ist das Angebot gross, an Amazon kommt dennoch niemand vorbei. Dem Hype zum Trotz: Die Frage, was smarte Lautsprecher taugen, ist berechtigt.

Smart oder doch immer noch dumm?
Um dieses Frage beantworten zu können, haben wir einen Echo von Amazon im Alltag getestet. Die Ergebnisse sind zwiespältig und schwanken zwischen praktischen Hilfestellungen und einer Überforderung von Alexa, der künstlichen Intelligenz von Amazon.
Den grössten Nutzen bieten smarte Lautsprecher bei profanen Dingen wie dem Stellen eines Timers, Umrechnungsfragen, der aktuellen Wetterprognose oder einer Zusammenfassung der Nachrichten (welche allerdings hauptsächlich aus der «Tagesschau in 100 Sekunden» besteht). Wer einen Account bei einem Musikstream-Dienst besitzt, kann sich seine Liedersammlung abspielen lassen, über den vorinstallierten Dienst von TuneIn kann auf eine enorme Vielzahl an Radiostationen zugegriffen werden.
Alexa kann aber auch den Alltag etwas auflockern: So erwies sich im Alltagstest die Aufforderung an Alexa, einen Witz zu erzählen, als meistgenutzte Einzelfunktion. Das Niveau bewegt sich allerdings eher auf dem von kindertauglichen Witzen (wobei es ab und zu auch etwas unter die Gürtellinie geht …). Sogar kurze Lieder kann Alexa vortragen, auch Schlaflieder befinden sich im Repertoire. Diese dürften überforderte Eltern etwas entlasten, wie auch die Kindergeschichten, die Alexa erzählen kann. Erwachsene können auch so manche Spassfrage stellen, wie beispielsweise ob Alexa einen heiraten würde (was mit einem «Poff! Buh, guck mal nach, ich glaube mir ist vor Aufregung gerade der Stromkreis durchgebrannt» beantwortet wurde).
Wer aber komplexere Fragen hat, der wird bei Alexa (wie bisher bei allen der verbreiteten Sprachassistenten) schnell an Grenzen stossen. Antworten auf Wissensfragen werden zwar meist korrekt aus dem Internet gefischt, aber das sind simple «Was ist xy»-Fragen. Das Problem sind grammatikalisch komplexere Fragen, die schlicht und einfach nicht verstanden werden. Von der Möglichkeit, ein Gespräch zu führen, ist man freilich noch sehr weit entfernt …

Die Möglichkeit, den Horizont von Alexa zu erweitern
Nützlich ist aber die Möglichkeiten dessen, zu was Alexa fähig ist, zu erweitern. Mittels sogenannter «Skills» können Erweiterungen installiert werden, die spezifisch zusätzliche Möglichkeiten bieten: Seien es Erweiterungen von Firmen wie Deezer, Radio.de oder ähnlichen, die Zugriff auf die eigenen Dienste via Alexa ermöglichen. Oder aber auch solche Skills, die Fähigkeiten anbieten, die Amazon selber (noch) nicht integriert hat: Ein Beispiel wäre die Abfrage von Verbindungen des öffentlichen Verkehrs. So gibt es für die Schweiz einen Skill eines privaten Entwicklers, welcher solche Verbindungen angeben kann. Solche Skills können vielfach den Nutzen des smarten Lautsprechers multiplizieren. In der Praxis zeigen sich allerdings dort Grenzen, wo das Sprachverständnis von Alexa beschränkt ist: So glückt eine Anfrage betreffend ÖV-Verbindungen im genannten Beispiel dann nicht, wenn Alexa die Abfahrts- oder Ankunftsorte nicht versteht, was bei den vielen Haltestellennamen leider sehr oft der Fall ist.

Datenschutz bei einer Wanze?
Einer der ganz grossen Probleme von smarten Lautsprechern ist das Datenschutzproblem: Sämtliche Sprachassistenten senden die Fragen über das Internet an Server, die sich zudem im Ausland befinden. Deshalb wird von vielen in smarten Lautsprechern «Wanzen» gesehen, die man sich nie und nimmer in das eigene Heim stellen würde. Dem kann entgegengesetzt werden, dass smarte Lautsprecher – der Echo macht hier keine Ausnahme – die Fragen erst nach Aktivierung durch ein Codewort (in diesem Fall «Alexa» resp. ein selber definiertes Codewort) aufnehmen und an die Server senden. Dennoch kann es passieren, dass der Sprachassistent im Sprachgewirr fälschlicherweise das Codewort zu erkennen glaubt, und so private Unterhaltungen an die Server sendet. Problematisch ist auch die Verarbeitung der Daten: So ist es sogar schon passiert, dass durch Fehler in der Verarbeitung private Unterhaltungen an andere Menschen versendet wurden. Solche Fehler dürften eigentlich nicht passieren, können aber nie völlig ausgeschlossen werden.

Ein Hindernis oder doch etwas, was man in Kauf nimmt?
Die Erfahrung zeigt: Ein geschärfter Sinn für Datenschutz ist nicht Sache des gemeinen Mannes. Wie in allen anderen Bereichen lässt sich beobachten: Der Trieb, von technologischen Entwicklungen zu profitieren, ist meist stärker als alle Bedenken. Smarte Lautsprecher bilden keine Ausnahme: So werden heutzutage gerne die ohne vorherige Aktivierung funktionierenden Codewörter «Hey Siri» oder «Ok Google» bedenkenlos auch auf Smartphones aktiviert. Diese Features funktionieren exakt gleich wie smarte Lautsprecher: Das Gerät hört permanent mit, ob das Codewort gesagt wird, und sendet bei Bedarf (und erst dann!) die darauf folgende Frage an externe Server. Einen Unterschied zu smarten Lautsprechern gibt es faktisch keinen, ausser dass sich die «Wanze» dann nicht auf einem Tisch in der Wohnung, sondern sogar in der eigenen Hosentasche befindet und ständig bei sich mitgeführt wird.

Sprachassistenten werden zum Alltag gehören
Es sieht alles danach aus: Sprachassistenten werden den Alltag der Menschheit erobern – allen Datenschutz-Bedenken zum Trotz. Ob im Smartphone oder im Lautsprecher: Unsere Gespräche werden von den Geräten mitgehört. Die Frage ist also eigentlich: Was passiert mit den aufgenommenen Daten? Manche Anbieter wie z.B. Apple bieten vordergründig ein Mehr an Datenschutz an, indem die gespeicherten Daten teilweise anonymisiert werden. Der Nachteil dieser Lösung ist: Niemand ausserhalb des entsprechenden Anbieters kann sagen, was genau mit diesen manchmal auch nur pseudo-anonymisierten Daten genau geschieht, ja nicht einmal, welche Daten denn eigentlich gespeichert und intern weiter analysiert werden. Die Erfahrung zeigt zudem, dass eine nachträgliche erneute Zuordnung der Daten auf konkrete Personen nie ausgeschlossen werden kann.
Deshalb kann eine personenbezogene Speicherung der Daten auch Vorteile haben: Diese können bei seriösen Anbietern jederzeit eingesehen werden. So gibt Amazon standardmässig den gesamten Verlauf sämtlicher gespeicherten Anfragen wieder, inklusive der originalen Tonaufnahme. Die Transparenz dessen, was gespeichert wird, ist grundsätzlich also gegeben. Anderseits weiss der Nutzer auch hier nicht, was alles mit den gespeicherten Daten intern veranstaltet wird: Weitergehende Analysen, vor allem zu Marketingzwecken, sind heutzutage Standard, und das bei ausnahmslos allen gewinnorientierten Anbietern.

Fazit
Es bleibt also dabei: Wer Bedenken hegt, der sollte auf die Verwendung eines Sprachassienten – jeder Art und von jedem Anbieter – verzichten. Wer zu den diesbezüglich sorglosen Menschen gehört, der kann sich anderseits gut und gerne auch einen smarten Lautsprecher zulegen. Er wird davon profitieren können.
Allerdings nur dann, wenn seine Ansprüche nicht allzu hoch sind. Denn nicht bloss smarte Assistenten, sondern solche, die wirklich intelligent sind, das wird es erst in einer sich noch ergebenden Zukunft geben. Wer aber im Alltag mit einem nicht allzu intelligenten Assistenten zufrieden ist, der wird mit einem Echo von Amazon seine Freude haben.

Eine Antwort

  1. Peter sagt:

    Schon bitter, dass es in der Schweiz noch immer keinen einzigen Smart Speaker offiziell zu kaufen gibt. Weder Google Home, Alexa noch der Home Pod werden hier offiziell unterstützt. Bitter auch deswegen, weil es von keiner der Firmen auch nur Pläne zu einem Schweiz Launch gibt. Und dies obwohl die Speaker längst alle Landessprachen beherrschen. Schweizerdeutsch wird es aufgrund der Dialektvielfalt nie geben – das dürfte klar sein. Dürfte aber auch kein Problem darstellen für 99.9% der Bevölkerung. Daher: Google, Amazon und Apple: nehmt endlich mal den Finger aus dem Hintern.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

This site uses Akismet to reduce spam. Learn how your comment data is processed.