QUO VADIS, GOOGLE – oder: Wie wäre es mal mit einer Strategie in Sachen Tablets?

 


Google und Tablets: Das ist ein Trauerspiel ohne Ende. Dabei werden dank des technologischen Fortschritts Tablets in Form faltbarer Smartphones zum Zukunftsmarkt, doch Google wird hier ohne echten Vorsprung starten.

 

Die Zukunft: Faltbare Smartphones
Samsung und Huawei liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen, wer als erstes den Massenmarkt mit einem faltbaren Smartphone beliefern wird. Kleinunternehmen wie Royole werden in Nischenmärkten den Giganten zuvorkommen. Und in der zweiten Reihe rüsten sich weitere Schwergewichte, um im Zukunftsmarkt der faltbaren Smartphones mitzumischen.
Doch was für eine Perspektive liefern faltbare Smartphones? Manche sehen die Chancen noch nicht, klar werden diese erst, wenn man sich vorstellt, welche Möglichkeiten sich eröffnen: Schluss mit dem mühsamen Gewurstel auf immer noch zu kleinen Displays, mit einer zu kleinen Tastatur, wo man mühsam den Textcursor zu positionieren versucht. Vielmehr sieht man auf Google Maps endlich mehr als nur einen mickrigen Ausschnitt, auf Webseiten wird man weniger hin- und herscrollen müssen, um zu finden, was man sucht.
Die Vergangenheit hat bereits gezeigt: Das Display kann nicht gross genug sein. Das erste iPhone war zu seiner Zeit ein eher grosses Gerät. Samsung ist mit seinen überdimensioniert scheinenden Smartphones mit grossen Displays, nicht umsonst auch «Phablets» genannt, zuerst belächelt worden. Doch der Konkurrenz ist bald das Lachen im Halse stecken geblieben, vor allem im asiatischen Markt wurden grosse Geräte bald das Mass aller Dinge. Während heute die damaligen Vorreiter bereits wieder klein erscheinen, sind wirklich kompakte Smartphones praktisch ausgestorben: Die iPhone 5/SE-Geräte finden sich nurmehr im Ausverkauf, das Geschäft von Sony darbt trotz noch angebotenen kompakten Geräten. Derweil sind die Displaygrössen dank beinahe randlosen Designs bereits bei 6.5 Zoll angekommen. Faltbare Geräte ermöglichen ein Fortschreiten dieses Trends, Displaygrössen von 7 Zoll und mehr werden zur Selbstverständlichkeit.

Das Verschmelzen von Tablets und Smartphones
Jenseits von grösseren Displays ermöglichen faltbare Smartphones in anderer Hinsicht einen Quantensprung: Diese Geräte werden von ihrer Grösse und ihren Möglichkeiten vielmehr Tablets denn blosse Smartphones sein. Also Geräte, mit denen weitaus intensiver Medien konsumiert werden können. Aber auch Geräte, die das Potenzial haben, damit produktiv tätig zu sein – sei es im kreativen Bereich, aber auch, um unterwegs Änderungen an Tabellen zu tätigen, Flowcharts zu erstellen, Content von Webseiten zu modifizieren und und und. Die ersten Präsentationen haben das Potenzial in seinen Ansätzen bereits gezeigt: Auf faltbaren Smartphones können nicht nur einfache Apps gestartet werden, vielmehr bietet das grosse Display den Platz, um produktive Arbeiten zu tätigen, bei Bedarf auch mit zwei oder drei aktiven und auch nebeneinander dargestellten Apps.
Hier zeigt sich aber auch die Krux an der ganzen Sache: Die Brauchbarkeit von faltbaren Smartphones steht und fällt mit der Software: Mit dem Betriebssystem einerseits, und den zur Verfügung stehenden Apps anderseits. Genau das ist denn auch die Achillesferse von Google.

Tablets interessierten Google nie wirklich – und das rächt sich jetzt
Mit der Version 3 von Android hat Google noch versucht, auf dem Tablet-Markt etwas zu bewirken. Schnell zusammengeschustert zwar, aber doch gedacht als Betriebssystem speziell für Tablets. Bald darauf war die Luft bereits wieder draussen: Tablets erwiesen sich als zu wenig zugkräftig, um genug Gewinn abzuwerfen. Zwar machten alle mit, aber wirklich Erfolg hatte mit Tablets – ausser Apple – niemand. Das setzte einen Teufelskreis in Gang: Das Interesse an Tablets blieb mässig, damit blieb das Interesse der Entwickler klein, gute Tablet-optimierte Apps zu entwickeln, was dem Interesse der Kunden an Tablets freilich nicht zuträglich war. Während Apple einerseits von Nimbus von der Geldmaschinerie des App-Verkaufs profitierte, hat dieser Konzern anderseits auch enorm viel Ressourcen in diese Produktkategorie gesteckt: Deren Tablet-Betriebssystem wurde kontinuierlich weiterentwickelt und auch massiv beworben. Das iPad war in aller Munde, und Apple tat alles, damit dies soweit nur irgend möglich auch so blieb.
Und was tat Google? Im Grunde genommen fast nichts: Android als Betriebssystem für Tablets blieb ein Nebenschauplatz, ein besonderes Engagement von Google war nicht auszumachen. Im Gegenteil: Mit den Jahren wurde das eigene Tablet-Angebot nicht nur immer weniger gepflegt, es wurde – mit Android als Betriebssystem – sogar aufgegeben.

Kein Betriebssystem für Tablets, keines für faltbare Smartphones
Stattdessen setzt Google neuerdings auf ChromeOS als Betriebssystem für Tablets. Doch ist ChromeOS dafür überhaupt geeignet? Entwickelt wurde es als Betriebssystem von schwachbrüstigen, günstigen Laptops, die mehr als Terminal dienen denn als eigenständige Arbeitsgeräte – der Erfolg von Chromebooks in Bildungseinrichtungen ist die Folge dieser durchaus gelungenen Strategie. Doch für Tablets? Zwar ist ChromeOS viel mächtiger geworden als zu Beginn, vielseitiger auch. Aber auf dem Tabletmarkt ist diese Lösung (noch) ein Exot, zwar zukunftsfähig im Sinne von Computern, die auch einen Tablet-Modus besitzen sollen. Aber – und das könnte sich als das zentrale Problem erweisen – nicht als Betriebssystem für Smartphones, die als Tablet fungieren können.
Was für ein Betriebssystem benötigen faltbare Smartphones? Diese Geräte werden anfangs ein schwieriger Mischling sein: Smartphone und Tablet in einem, jedoch mehr als ein Smartphone und weniger als ein Computer. Deren Betriebssystem muss in erster Linie der Verwendung als Smartphone dienen, gleichzeitig aber die Möglichkeiten eröffnen, die ein Tablet bietet. ChromeOS ist kein Smartphone-Betriebssystem. Android ist es – und hätte es Google als Tablet-Betriebssystem weiterentwickelt, wäre es auch geeignet für faltbare Smartphones im Tablet-Modus.
Doch Google hat genau dies über Jahre hinweg vernachlässigt. Dem eigentlich absehbaren Trend zu faltbaren Smartphones hat man zu wenig Beachtung geschenkt. Mit der Konsequenz, dass unter Druck von Samsung und Co. nun in Windeseile Android aufgebohrt wird, um die Möglichkeiten von faltbaren Smartphones auszunutzen – mit noch offenem Ergebnis.
Was nichts daran ändern wird, dass das App-Angebot für Android auf Tablets vergleichsweise karg ist. Was dies für faltbare Smartphones bedeutet, ist offensichtlich: Die Hardware mag noch so gut sein, das Gesamtpaket bleibt mager. So war es bei den Android-Tablets, und so wird es auch bei den faltbaren Smartphones sein.

Was Google tun muss, um der Konkurrenz zu enteilen
Es gibt immer Zeiten, in denen die Entwicklung offen ist: Wird das Richtige getan, kann Erfolg herbeigeführt werden, tut man zu wenig, wird man vom Erfolg bloss träumen können. Google muss nun das Richtige tun, und das kann nur eines bedeuten: Google muss sich voll und ganz einsetzen, sowohl bei der Entwicklung des passenden Betriebssystems als auch was das Marketing angeht. Insbesondere muss Google aber auch die Entwickler dazu motivieren, ihre vielfach bereits für iOS verfügbaren Tablet-Apps in gleichwertiger Form auf Android zu bringen. Denn ein faltbares Smartphone ohne qualitativ hochwertige Apps wird seine Potenziale nie ausschöpfen können.
In Zeiten, in denen die Entwicklung offen ist, gibt es immer ein Zeitfenster, in dem man das Richtige tun kann. Verpasst man es, wird in der Zwischenzeit die Konkurrenz das Richtige getan haben. Nachdem absehbar ist, dass Microsoft trotz des riesigen Potenzials ihrer Windows-basierten Lösung das Feld der ultramobilen Geräte weiterhin auslassen wird, gibt es nur einen Konkurrenten: Apple. Zwar ist diesbezüglich noch praktisch nichts bekannt, doch kann ohne Zweifel davon ausgegangen werden, dass Apple die technologischen Entwicklungen sehr genau mitverfolgt und intern an Möglichkeiten arbeitet, diese Entwicklungen zu adaptieren. Was das bedeutet, kann man sich problemlos ausmalen: Schätzungsweise 2020 oder 2021 könnte Apple nachziehen und ihr erstes faltbare iPhone auf den Markt bringen.
Dass ein solches Gerät das Potenzial hätte, den Markt im Sturm zu erobern, ist ebenso klar ersichtlich: Im Gegensatz zu Google hat Apple sein iOS schon immer als Betriebssystem für Tablets ausgelegt – schon zu Beginn der Entwicklung stand das iPad zur Diskussion, das Vorziehen des iPhones war eine recht spät gefällte Entscheidung im Entwicklungsprozess. iOS ist also grundsätzlich ein Betriebssystem für Smartphones und Tablets gleichermassen. Zudem sind auf den grossen Varianten des iPhones schon seit längerem Tablet-Elemente implementiert, wie z.B. ein Quermodus. Der grösste Trumpf von Apple ist aber: Es existiert bereits ein immenses Angebot an hochwertigen Tablet-Apps, weit mehr, als es für Android gibt. Ein faltbares iPhone würde also praktisch von Tag 1 ab mit einem äusserst attraktiven App-Angebot glänzen können, auf einem Betriebssystem laufend, das vorzüglich sowohl auf den Smartphone- als auch den Tablet-Modus angepasst ist.

Es gibt Zeiten, in denen das Richtige getan werden muss. Erkennt dies Google nicht, wird es dem Markt ein weiteres Mal hinterher laufen müssen. Mit Android auf Smartphones hat Google das Richtige getan – und dominiert absatzmässig den Markt. Ansonsten hat Google schon mehrfach das Zeitfenster zum Handeln verpasst: Sowohl bei den Tablets als auch bei Smartwatches hat Google aufgrund nur halbherzigem Engagement grosse Mühe, den Anschluss an den dominanten Marktführer nicht zu verlieren. Bei den faltbaren Smartphones ist das Momentum dank starken Partnern wie Samsung und Huawei auf Seite Googles. Die Chance ist da, doch das Fragezeichen bleibt, ob Google wirklich das Zeugs hat, sie zu ergreifen.

 

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